Es geht um Naziterror und nicht um Betäubungsmittel! – Aufruf zur Prozessbeobachtung

Nachdem die Duisburger Polizei 2013 einen Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft unterschlagen hatte, scheint die Justiz das gleiche Versteckspiel weiter zu führen. Deshalb: Der Justiz auf die Finger schauen!

Zum Hintergrund des Falles:

Im Oktober 2013 hatten 3 Neonazis eine Rauchbombe in einer von 120 Menschen bewohnten Flüchtlingsunterkunft im Duisburger Süden gezündet. Der neben der Rauchbombe platzierte Behälter mit 5 Litern Lösungsmittel ist zum Glück nicht explodiert. Der Anschlag wurde damals von der Polizei extrem verharmlost oder besser gesagt unterschlagen: In der Pressemitteilung war die Rede von einer „Nebelkerze im Treppenhaus eines Wohnhauses“; kein Wort über den Lösungsmittel-Behälter und kein Wort darüber, dass es sich um eine Flüchtlingsunterkunft gehandelt hat.

Schon damals machten Antifaschist_innen auf einen rechten Hintergrund aufmerksam und zeigten in einer Pressemitteilung, dass in unmittelbarer Umgebung des Wohnheims sich Propaganda der Neonazi-Szene, wie z.B. Aufkleber und Graffitis der NPD und des „Nationalen Widerstands Duisburg“ befanden.

Als die Täter im August 2014 festgenommen wurden, gab es keine Informationen für die Öffentlichkeit. Erst Anfang 2015 berichtete die Presse, erwähnte jedoch mit keinem Wort einen rechten Hintergrund.
Erst jetzt, nachdem das Gerichtsverfahren startete, wurde bekannt, dass es sich um 3 Neonazis handelt, die bei der Kommunalwahl 2014 für die NPD kandidiert haben. Manuel Moll (27), Daniel Noreika (30) und Patrick Uwe Kroll (35) gehören zum Führungskreis der 2012 von ihnen gegründeten rechten Terrorgruppe „Legion 47“.
Neben dem Anschlag auf das Flüchtlingsheim haben sie auch den Pavillon eines türkischen Schnellrestaurants abgefackelt und in einer Schule Chemikalien zur Herstellung von Sprengkörpern gestohlen. Außerdem sind sie für eine Reihe weiterer Einbrüche und Brandstiftungen verantwortlich. In ihren Wohnungen fand die Polizei zahlreiche Waffen – darunter auch selbst gebaute Schussapparate und Munition. Auch Körperverletzung steht in der Anklageschrift: Zwei der Täter sollen einer Frau mit einem Schlagring eine 25 Zentimeter lange Schnittwunde zugefügt haben.

Der Justiz auf die Finger schauen!

Vor etwa einem Jahr haben wir uns kritisch mit den rechts motivierten Straftaten des Jahres 2013 in Duisburg auseinandergesetzt. Wir mussten feststellen, dass die Polizei weder bei dem o.g. Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft, noch bei den anderen Brandanschlägen (z.B. auf eine Flüchtlingsunterkunft in Walsum und ein überwiegend von Roma bewohntes Haus in Homberg) eine rechtes bzw. rassistisches Motiv sieht. Wie aus einer Anfrage an die Landesregierung hervorgeht, konnten die Täter_innen dieser Anschläge nicht ermittelt werden, alle Verfahren wurden eingestellt. Die Einstellung der Verfahren wird damit begründet, dass „über die Hintergründe der Tat keine abschließende Aussage getroffen werden“ kann. Dass einer Rauchbombe, die neben einem 5L Behälter mit Lösungsmittel in einer Flüchtlingsunterkunft entzündet wird, eine sehr eindeutige Motivation zu Grunde liegt – liegt auf der Hand. Wäre der Behälter explodiert, hätte es Dutzende Verletzte oder sogar Tote gegeben. Außerdem steckt hinter solchen Anschlägen nicht nur die Motivation konkreten Menschen zu schaden, sondern generell durch Terror Angst zu schüren.

Im aktuellen Gerichtsverfahren scheint dies aber nicht im Vordergrund zu stehen. Die Rauchbombe wird lediglich als „verbotener Umgang mit pyrotechnischem Brandstoff“ gewertet. Außerdem konzentriert sich die Anklage auf die bei den Tätern gefundene Betäubungsmittel und die mehrfachen Einbrüche in Schulen usw. und nicht auf die neonazistischen Terroraktvitäten der Gruppe. Diese Verschleierungstaktik ist nicht hinnehmbar – erst recht nicht nach dem Bekanntwerden des NSU. Des Weiteren steht die Frage im Raum: Wenn es sich bei den drei Angeklagten um den Führungskreis von „Legion 47“ gehandelt hat – wer gehört noch zu dieser Gruppierung und welche rechten Straftaten haben sie noch zu verantworten?

Schaut der Duisburger Justiz auf die Finger!
Die Möglichkeit dazu habt ihr an folgenden Prozesstagen im Duisburger Landgericht: Am 18., 21. und 27. Mai., sowie am 01., 08., 15., 16., 18. und 25. Juni (Urteilsverkündung).
Die Uhrzeiten und Räume werden etwa eine Woche vor dem jeweiligen Termin auf der Seite des Landgerichts bekannt gegeben. Das Aktenzeichen lautet: 93 KLS1/15
Hier noch die Hinweise für Besucher_innen des Gerichtsgebäudes. Da Film-, Foto- und Tonaufnahmen nicht zulässig sind und es Eingangskontrollen gibt, empfiehlt es sich rechtzeitig vor Prozessbeginn da zu sein, Handys und andere persönliche Gegenstände, die nichts in den Händen von Justizangestellten zu suchen haben, zu Hause zu lassen.

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