Am 18. März fand in Duisburg Walsum eine kleine Gedenkveranstaltung statt. Hierbei sollte, trotz der verschiedenen geschichtlichen Zusammenhänge, allen Opfern rechter Gewalt gedacht werden.
Egon Effertz
Zuerst wurde an den vor 12 Jahren von Neonazis ermordeten Rentner Egon Effertz erinnert. Gegen 15:30 versammelten sich dafür ein Dutzend junger Antifaschisten und Antifaschistinnen am Franz-Lenze-Platz. Von dort aus ging es direkt zum Gedenkstein im Franz-Lenze-Park, der an Egon Effertz erinnern soll. Hier wurden Blumen niedergelegt, Grablichter aufgestellt und eine kurze Rede gehalten. In dieser wurde sowohl auf die besondere Brutalität der grausamen Tat junger Neonazis hingewiesen, als auch auf die gezielte Entpolitisierung der Tat seitens Stadt, Polizei und Behörden. Von dieser Entpolitisierung zeugt auch die Inschrift auf dem von Moos überwucherten Gedenkstein: „Leben ohne Gewalt“. Doch diese Entpolitisierung ist nicht angebracht, auch wenn die rechte Schlägerbande an diesem Tag auf alles einschlug, was ihnen in Walsum begegnete. Denn sie quälten den Frührentner Effertz mit besonderer Brutalität, da sie ihn für einen Obdachlosen „Asozialen“ hielten. Denn gerade vermeintliche „Asoziale“ gehörten neben Anderen schon immer zum gängigen Feindbild der alten und neuen Nazis. (Hintergrundartikel zum Thema „Asoziale“ im NS: 1, 2)
Märzgefallene
Direkt im Anschluss an das stille Gedenken an Egon Effertz ging es auf den Friedhof Alt-Walsum zum Gedenkstein der Aufständischen der Märzrevolution von 1920. Diese Menschen wurden von den Vorläufern der NSDAP, also den Stahlhelm- und Freikorpsverbänden ermordet. Auch hier wurden Grablichter aufgestellt und Blumen niedergelegt. In einem weiteren Redebeitrag wurde auf die Hintergründe der größten Aufstandsbewegung in Deutschland seit dem Mittelalter eingegangen, sowie auf die Rolle der SPD und ihre Mitverantwortung an dem „Weißen Terror“ gegen die aufständischen Arbeiter_innen. Aber auch die antisemitische und völkische Gesinnung und Propaganda der Freikorps wurde erwähnt. Denn die Freikorps trugen schon 13 Jahre vor der Machtergreifung der NSDAP das Hakenkreuz am Stahlhelm während sie mordend durch das Ruhrgebiet zogen. Auch waren viele dieser Mörder später Nationalsozialisten der ersten Stunde.
Weitere Informationen zu der Aufstandsbewegung und ihre Niederschlagung gibt es in diesem Artikel der Direkten Aktion, auf Anarchopedia und in einer Broschüre der FAU-Duisburg.
Zwangsarbeiter
Da es ja an diesem Tage um Opfer rechter Gewalt und rechten Terror ging, wurden auch die Gräber und der Gedenkstein der im Bergwerk Walsum durch Arbeit vernichteten bzw. ermordeten Zwangsarbeiter, auf dem Friedhof besucht. In der Zeit des Nationalsozialismus kamen tausende Menschen durch den ehemaligen Bergwerksdirektor und Sklaventreiber auf dem Bergwerk Walsum ums Leben. Dort wurden 5000 Menschen zur Arbeit gezwungen, im gesamten Stadtgebiet waren es bis zu 70.000. Da es sich hauptsächlich um Menschen aus der Ukraine und der übrigen Sowjetunion handelte, sind die Grabinschriften in kyrillischer Schrift. Diese sind vor einigen Jahren von einem privat engagierten Friedhofsgärtner freigelegt und gesäubert worden, da sie nahezu nicht mehr sichtbar waren.
Im Jahre 2008 gab es eine Kontroverse um eine Kranzniederlegung, die nicht der Opfer von Wilhelm Roelen, sondern ihm als Bergwerkdirektor und damit als NS-Täter gedachten. Der Thyssen-Konzernchef Roelen, schon vor 1933 Mitglied des antisemitischen Stahlhelm, ab 1933 Mitglied der SA und ab 1940 Mitglied der NSdAP – galt als fähiger “Wehrwirtschaftsführer”, der für die hohe Produktivität der Schachtanlage Walsum auf der Grundlage von Sklavenarbeit Nazi-Auszeichnungen erhielt. Nach ihm ist immer noch eine der wichtigsten Walsumer Strassen benannt.(vgl. die Forschungsarbeit von Tappe/Tietz: Tatort Duisburg 1933–1945, Klartext Verlag Essen, Seite 313ff).
Kein Vergeben – Kein Vergessen!