Wie ihr euch vielleicht erinnern könnt, haben wir im Juli bereits von dem Streik der Flüchtlinge berichtet. Die Proteste sind noch lange nicht vorbei und werden seit dem 8. September in Form eines Protestmarsches von Würzburg nach Berlin fortgesetzt. Duisburg ist eine der Stationen und wird am Montag, den 17. September angefahren. Um 15 Uhr beginnt am Averdunkplatz eine Kundgebung mit anschließender Demo bis zur Pauluskirche in Hochfeld.
Im folgenden dokumentieren wir den Aufruf:
United against Isolation – Solidarität mit dem Protestmarsch der Flüchtlinge von Würzburg nach Berlin!
Am 19. März 2012 begannen Flüchtlinge in Würzburg eine neue Ära des Protestes gegen die unmenschlichen Lebensbedingungen und das miserable Asylrecht in Deutschland.
Ihre Forderungen lauten unter anderem:
• Abschaffung aller Flüchtlingslager in Deutschland
• Abschaffung der Abschiebegesetze – Abschiebung ist unmenschlich und dient nur den politischen und ökonomischen Interessen der Mächtigen
• Abschaffung der Residenzpflicht
Der Protest verbreitete sich rasch in andere Städte; zuletzt gab es Protestcamps in neun Städten in vier Bundesländern. Seit dem 8. September ziehen die Streikenden in einer Karawane nach Berlin, um den Protest dort gemeinsam fortzuführen. Die Bustour des Protestmarsches der Flüchtlinge wird an diesem Montag, dem 17.09.2012, Duisburg erreichen.
„Wir mobilisieren bundesweit um Isolation zu brechen, gegen Abschiebungen und Lager, für die Schließung aller Heime und für die Befreiung von der Knechtschaft der Residenzpflicht in ganz Deutschland. JETZT ist die Zeit aufzustehen, weil wir nicht länger passiv Zeugen des Todes eines von uns sein möchten, denn die unmenschliche Behandlung der Asylbewerber in Deutschland kann jeden von uns in den Tod treiben. Wir verlassen die festgesetzten Grenzen und die für uns gebauten Käfige, da wir glauben, dass das Konzept, in Asylbewerberheimen zu leben, ungerecht ist. Wir überschreiten diese Grenzen, da wir glauben, dass diese Freiheit das kleinste Recht jedes Menschen ist, und wir werden uns gegen das Abschiebegesetz der Regierung widersetzen, denn diese Gesetze sind nur dazu da, der Regierung finanziell und politisch zu dienen. Es ist das Recht eines jeden Menschen, zu wählen, wo er lebt. Wir, stärker denn je und Schulter an Schulter, tun alles in unserer Macht stehende, um diesen Traum zu erreichen, und werden mit der Unterstützung anderer Asylsuchender in Berlin die Erfüllung unserer Rechte miterleben.“ (aus der Erklärung der streikenden Flüchtlinge)
Wir wollen die Protestierenden am Montag mit einer Solidaritätskundgebung und -demonstration willkommen heißen und die auch Gelegenheit nutzen, über die Lage der Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen zu berichten.
Nach der Station in Duisburg wird der Protestzug auch in anderen Städten in NRW halt machen. Die Orte, die der Bus noch anfahren wird, sind:
Essen 18.9; Dortmund 19.9; Büren/ Paderborn 20.9; Bielefeld 21.9; Münster 22.9; Osnabrück 23.9.
Auch in diesen Städten sind Kundgebungen und andere Aktionen geplant.
Weitere Informationen gibt es unter:
http://refugeebusprotest.wordpress.com/
http://refugeetentaction.net/
Warum der Protest der Flüchtlinge auch in Nordrhein-Westfalen stattfindet
Auch wenn die Residenzpflicht innerhalb NRWs schon seit zwei Jahren abgeschafft ist – alle Flüchtlinge aus NRW, die das Bundesland verlassen, brechen bereits damit das Gesetz. Deutschland ist das einzige Land in der EU, in dem Asylsuchende den ihnen zugewiesenen Landkreis nicht bzw. nur auf Antrag verlassen dürfen. Diese Freiheitsbeschränkung dient der räumlichen Isolation und Kontrolle von Asylsuchenden. Verlässt ein Flüchtling den ihm zugewiesenen Landkreis ohne einen sog. „Urlaubsschein“, so begeht er/sie eine Ordnungswidrigkeit. Bei wiederholtem Verstoß wird aus dieser Ordnungswidrigkeit eine Straftat, die sich wiederum aufenthaltsrechtlich negativ auswirken kann. Der Marsch der Flüchtlinge verfolgt das Ziel, sich der Residenzpflicht bewusst zu widersetzen.
Und auch im Rot-Grün regierten NRW leben viele Flüchtlinge über Jahre hinweg in menschenunwürdigen Sammellagern, in abgelegenen Containerbaracken, die den den Anforderungen an menschenwürdige Wohn- und Lebensstandards nicht gerecht werden. Oft müssen vier oder fünf Personen zusammengepfercht auf einem Raum wohnen. Viele Flüchtlinge sagen, sie leben wie in einem Gefängnis und werden verrückt, weil sie außer essen schlafen und warten nichts tun können. Auch in NRW werden Flüchtlinge über Jahre hinweg von Deutschkursen, vom Arbeitsmarkt und von jeglicher gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen.
Düsseldorf ist nicht nur die Landeshauptstadt, in der über die Lebensbedingungen von Flüchtlingen entschieden wird – im Düsseldorfer Innenministerium werden auch die Abschiebungen geplant und organisiert, und sie werden zumeist über Düsseldorf den Flughafen Düsseldorf durchgeführt. Neben dem FRAPORT in Frankfurt am Main ist Düsseldorf International der Hauptabschiebeflughafen der Bundesrepublik Deutschland. Von den Abschiebebehörden wird oftmals die Methode der Sammelabschiebung eingesetzt: Aus dem ganzen Bundesgebiet und sogar aus anderen EU-Ländern werden Flüchtlinge nach Düsseldorf gebracht, um von hier aus in andere Länder abgeschoben zu werden. Die Menschen, die abgeschoben werden sollen, werden in ein extra dafür gechartertes Flugzeug verfrachtet und damit, fernab der Öffentlichkeit, außer Landes gebracht.
Schon am kommenden Dienstag wird wieder eine dieser Sammelabschiebungen vom Düsseldorfer Flughafen starten. Die Proteste dagegen beginnen um 8 Uhr am Gate F
(Tor 36), wo Solidarität mit den Betroffenen demonstriert werden wird. Ab 10 Uhr wird der Protest im Terminal B mit einer Demonstration fortgesetzt. Die streikenden Flüchtlinge werden auch diesen Protest mit unterstützen.
Weitere Infos zu Sammelabschiebungen von Düsseldorf:
abschiebestop.blogsport.de