Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus unter dem Deckmantel des Nahostkonflikts

In den letzten Wochen kam es in Deutschland (und anderen europäischen Ländern) vermehrt zu antisemitischen Ausschreitungen, Drohungen und Angriffen. Die Täter_innen nahmen den erneut aufgeflammten Nahostkonflikt zum Anlass ihren Antisemitismus auszuleben und griffen Synagogen an. In Gelsenkirchen zerstörten sie mit einem Gullideckel eine Glasscheibe, in Wuppertal wurden Brandsätze in den Eingangsbereich geworfen und in Essen gab es laut der Polizei Anschlagspläne auf die Synagoge. Auch in Duisburg sind die Angehörigen der jüdischen Gemeinde alarmiert. Im jüdischen Kindergarten gab es einen anonymen Schmähanruf, der für Angst gesorgt hatte. Mittlerweile wurde der Täter ermittelt.

Mit dem eigentlichen Nahostkonflikt hat das ganze nichts mehr zu tun, dieser wird nur als Aufhänger benutzt um gegen alle Juden und Jüdinnen zu hetzen indem man sie mit dem Staat Israel gleichsetzt und für die Handlungen der Regierung und der Armee verantwortlich macht. Einseitige Solidarisierungen mit der einen oder anderen Konfliktpartei ziehen Antisemit_innen und Rassist_innen an, die auf dieser Basis den Hass auf ihr Feindbild (wahlweise Juden oder Muslime) ausleben. So versuchte z.B. auch der Duisburger Pro NRW Vorsitzende Mario Malonn (erfolglos) an einer Pro-Israel-Kundgebung am 29. Juli in der Duisburger Innenstadt teilzunehmen. Am 18. Juli nahm Michael Höhne-Pattberg, der regelmäßig gegen Muslime hetzt und Mitglied in der rechtspopulistischen „Bürgerbewegung“ Pax Europa ist, (erfolgreich) an der Pro-Israel-Kundgebung in Essen teil.

Neben den o.g. Anschlägen und Drohungen gegen Synagogen kam es auch auf und vor allem im Anschluss an Anti-Israel-Demonstrationen zu antisemitischen Ausschreitungen in Form von Plakaten und Sprechchören. In Essen bewarfen am 18. Juli einige Leute die sich mit der israelischen Regierung solidarisierende Kundgebung mit Plastikflaschen und skandierten dabei antisemitische Sprüche.
Michael Rubinstein, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen äußerte sich zu den aktuellen Ereignissen in einem Interview.

In den Medien wird die aktuelle Lage fälschlicherweise so dargestellt (2 kritische Artikel dazu: 1|2), als seien in Deutschland nur Muslime antisemitisch. An dieser Stelle verweisen wir auf einen informativen Text über die Facetten und das Ausmaß von Antisemitismus in Deutschland. In der zweiten Hälfte geht die Autorin auf religiös motivierten Antisemitismus von Kirchenanhänger_innen ein und zeigt damit erneut, dass die aus rechtspopulistischen Kreisen als Gegenpol zum Islam beschworene „abendländische christlich-jüdische Tradition“ nur ein Konstrukt ist um vom eigenen Antisemitismus und Rassismus abzulenken. So geht die auf vielen Demonstrationen verwendete Parole »Kindermörder Israel« auf den christlichen Mythos aus dem Mittelalter zurück, der »den Juden« zuschrieb, sie würden Kinder für religiöse Zwecke entführen und töten. Bspw. war Simon von Trient ein in der katholischen Kirche bis 1965 als Märtyrer verehrtes Kind, dessen Tod man Juden als vermeintlichen Ritualmord anlastete.

In diesem Sinne für die nächsten Demonstrationen zum Nahostkonflikt: Gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus! Gegen Krieg und Terror!

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